Fortsetzung
Es schneit noch immer unaufhörlich am 23.12.1987, einen Tag vor Heiligabend im Thüringer Wald. Der Ex 150 hat sich gegen 3/4 4 Uhr morgens aufgemacht auf den beschwerlichen Weg von Meiningen nach Berlin. - 10°C, der schneidende Wind, der mir in Meiningen noch ins Gesicht blies, hat mittlerweile abgeebbt und auch in meine Füße ist nach 15 Minuten auf der Heizung wieder Leben eingekehrt. Nachdem wir Rohr passiert haben, rauscht der Ex auf Suhl zu. was für den Reisenden wie mich aussieht wie ein Blick in eine Märchenlandschaft zur Weihnachtszeit, kann auch einem erfahrenen Lokführer graue Haare und (bleibende) Falten auf der Stirn bescheren. Noch sind wir im Plan, noch ... Ich dagegen setze mich jetzt erstmal in den Speisewagen und lasse mir die "berühmten", weil sehr leckeren Rühreier des Mitropa-Kollektivs des Ex 150 schmecken. Die kleine Tür mit Fenster zum Speiseabteil öffnet und mir schlägt ... nein, mich empfängt eine feuchtwarme Wolke, geschwängert von Aromen aus Bockwurstwasser, gebratenen Spiegeleiern und frisch gebrühtem Kaffee. Bei diesem Wetter, diesen Temperaturen und diesem Wetter ist sie ganze Atmosphäre mehr als nur gemütlich.
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Einfahrt Suhl, Bahnsteig 2. Einigen Reisenden ist anzusehen, sie hätten nichts dagegen gehabt, wenn der Ex heute ein paar Minuten früher gekommen wäre. Was macht denn der Kollege von der Aufsicht da vorn für komische Bewegungen? Hmm, er wird sich schon melden ...
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Sanft kommt der Zug zum Stehen - Pünktlich! Nun kann es ja gleich weitergehen. Trotz der Schneeschicht auf dem Bahnsteig sind alle recht zügig eingestiegen. Mal sehen, wann der Abfahrauftrag kommt.
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"22", es kann los gehen. "23", immer noch nichts, wo bleibt die "Fertig"-Meldung, muß mal rausschauen (bei dem Wetter wär's echt gut gewesen, die hätten im RAW die Aussenspiegel dran gelassen). Wer kommt denn da? - Sieht aus wie der Kollege von der Aufsicht. "Morgen!" - "Auch so! - was los? Wieso kann ich nicht raus?" - "Heut' Nacht ist die Hölle los! Plaue und Oberhof sind Weichen eingefroren! Gleisverwerfungen in Neudietendorf, Schneeverwehungen zwischen Arnstadt und Neudietendorf." - "Das volle Programm also." - "Und Dir geht's noch gut. Kommst hier mit maximal 10 Minuten plus davon. Ein Güter ist noch auf der Strecke." - "I.O., lässt mich dann aber sofort raus?!" - Mann von der Aufsicht, schon im Gehen laut rufend:"Ja, ja!"
Knappe 10 Minuten, gefühlte 30, tauchen aus der Schneewand vor uns drei Spitzenlichter auf. Ein Kramer-U-Boot der ersten Serie und eine Schwestermaschine ohne Mütze schleppen ihren Kohlezug nach Suhl rein. Ein Gruß aus dem Typhon von den Kollegen, dann endlich - ein Achtungspfiff, es geht los ... mit 11 Minuten plus.
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ICH sitze noch immer im Speisewagen und habe gerade das leckere Rührei verdrückt ... mir war gar nicht aufgefallen, so lange in Suhl gestanden zu haben.
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Der Zug setzt sich in Bewegung und draußen zieht die "Skyline" von Suhl vorbei. Apropos vorbei: was hatte ich am Anfang gesagt?! Erster Wagen hinter dem Speisewagen bedeutet Getrabbel. Nun kommen wahrscheinlich alle verfrorenen, die vorhin auf dem Bahnsteig standen, zur Mitropa vor.
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Die 132 hat mit den 7 Wagen normalerweise nicht wirklich viel zu tun, aber heute ... Schon bei der Ausfahrt Suhl und der anschließenden Steigung hatte der Lokführer mit rutschenden Rädern zu kämpfen. Rauf nach Zella-Mehlis heißt's nun und das mit 12 Minuten plus im Gepäck - hier bei der Überquerung der Suhler Harzgasse.
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Zella-Mehlis! Aber was ist das? Och nöö, nicht schon wieder rot.
Da kommt der Kollege ja schon. Und mit den paar Kühlkisten hat er so lange gebraucht? Mensch, da hätten die den doch noch in Oberhof auf die Seite nehmen können. Nun bekomme ich nochmal 2 Minuten dazu. Spitze! Aber ... da war was ... eingefrorene Weichen ...
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Herrlich diese Winterlandschaft - vorausgesetzt, man muß keinen Ex pünktlich in Arnstadt an Berliner Personal übergeben ...
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Einfahrt Oberhof. Langsamfahrt? Ach, da hat man schon Kollegen aus den Betten geklingelt, um die Weichen frei zu bekommen.
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Ab Oberhof wurde es dann ruhiger, auch der Schneefall ließ etwas nach (Brandleite=Wetterscheide), aber die nun anstehende gefällefahrt war auch nicht ohne ...
Und so erreichten wir ohne weitere Vorkommnisse Gräfenroda.
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Auch in Plaue - unproblematisches Durchkommen und auch hier standen Kollegen in dicken Wattejacken und trugen Sorge, daß die Weichen frei blieben.
Durchfahrt Arnstadt-Süd.
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Arnstadt ist erreicht - mit 15 Plus auf dem Konto. Die Berliner werden schon wie auf Kohlen sitzen und uns sehnsüchtigst erwarten, zumal auf sie ja auch noch jede Menge "Überraschungen" zukommen. Jetzt steht noch Umspannen an und den Leuten erklären, welche Anschlüsse sie schaffen und welche wohl eher nicht.
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Fortsetzung folgt ...